Pierre Aerni

Die Wappen von Bolligen

Pierre Aerni

Das alte Wappen von Bolligen. Aus Thomas Schöpfs «Chorographia» 1577, Staatsarchiv Bern

««Bolligen, ein Pfarrdorf

Bollingen oder Bolligen ist eines der Pfarrdörfer unter den vier Kirchspielen, nahe am rechten Ufer des Worblenbaches, bergwärts, an der Reichsstrasse nach Burgdorf gelegen. Vormals stand hier eine Burg, von der heute keine Überreste mehr vorhanden sind; sie war einst der Sitz einer alten Adelsfamilie* dieses Namens, deren Wappen die Stirn dieser Buchseite schmückt. Als diese Familie ausgestorben war, haben die Dorfbewohner, die vielleicht des langen und beschwerlichen Krieges überdrüssig waren, den der Adel mit den Unseren überaus hart führte, alle ihre Rechte und Privilegien übergeben und das Burgerrecht der Stadt angenommen im Jahre unseres Heils Tausend ...»

* Der Tradition zufolge soll das Stammhaus auf dem Hügel «Hühnerbühl» bei Bolligen gestanden sein. Herrschaftsrechte scheint aber die Familie über das Dorf nie besessen zu haben.

Dieses Wappen mit den zwei sich durchkreuzenden Sparren führte das ritterliche Ratsherrengeschlecht der Statz in Freiburg im Breisgau im Schild. Diese Statz oder Statzi nahmen in Bern den Namen «von Bolligen» an - offenbar weil sie in Bolligen Güter erhalten oder erworben haben. Ihr Wappen behielten sie, ihr Name änderte.

Die Wappen von Bolligen

Nach allgemein geltender Auffassung bedeutet Bollingen: die Leute von Bollo, ein altdeutsch häufig nachzuweisender Männername. Die Endsilbe «-inga» bringt eine Zusammengehörigkeit zum Ausdruck und gilt als Beweis dafür, dass sich die Germanen in dem von ihnen besiedelten Land familien- oder sippenweise niedergelassen haben. Fragte man nach dem Ort, wo die Leute des Bollo wohnten, so hiess es «ze den Bollingun», was später zu Bollingen wurde, eine Schreibweise, die wir bis ins letzte Jahrhundert immer wieder lesen. Bei geradsilbigen Wörtern ist die Endung «-ingen» geblieben (Amsoldingen, Radelfingen usw.), während bei ungleichsilbigen meistens die Endung «-igen» üblich wurde (Bolligen, Ittigen, Ostermundigen usw.).

Obwohl die Ortsnamenerklärung mit den Personennamen Bollo, Itto und Ostermund/Ostermann einleuchtend und wissenschaftlich anerkannt ist, lässt sich doch erwägen, ob bei Bolligen nicht auch eine Deutung mit «Boll» als rundlichem Hügel möglich wäre. In Bolligen ist nun nicht bloss ein einziger «Boll» zu erkennen, sondern das Gelände ist reich an grösseren und kleineren Hügeln, vom grossen Hühnerbühl (Bühl und Boll sind gleichbedeutend) bis zum Kirchhügel und zu den rundlichen Hübeli an der Habstetten- und Krauchthalerstrasse und weiter bis zum Burech-Hügel. Diese Hügellandschaft ­- geologisch die Endmoränenzone des Aaregletschers in der letzten Eiszeit - könnte auch dazu geführt
haben, dass man von den bei diesen «Bollen» wohnenden Leuten gesagt hätte:»die bei den Bollen».
Die Erklärung von Ortsnamen lässt also verschiedene Möglichkeiten offen. Es sei Ihnen überlassen, ob Sie dem alten Bollo die Treue halten wollen oder ob Sie den Ortsnamen auf die Geländeform zurückführen möchten.


«Die heutige politische Gemeinde ist eine der grössten des Kantons Bern und umfasst gegen 30 Dörfer, Weiler und Hofgruppen, worunter Ostermundigen, Ferrenberg, Ittigen, Papiermühle und Worblaufen. Beim Hof Dennikofen römische Siedlung. Twing und Bann zu Bolligen gehörten ursprünglich den
Herren von Geristein und kamen dann nacheinander an die Edlen von Belp-Montenach, vom Stein, Schultheiss Petermann von Krauchtal und 1424 an die Karthause Thorberg, die sie bis zu ihrer Aufhebung durch die Reformation behielt.


Kirchlich gehörte Bolligen ursprünglich zum Dekanat Münsingen. Der Kirchensatz gehörte den Edlen vom Stein und kam von diesen 1274 an das Kloster Interlaken, nach der Reformation an Bern. Fortan gehörte Bolligen zu Bern-Kapitel. Die Leute von Bolligen haben 1527 mit Pfarrer Heinrich Ludwig als erste die Messe abgeschafft. Die gegenwärtige Kirche stammt aus der 2. Hälfte des 16. Jh., das Pfarrhaus von 1581. Die grosse, jetzt in die sogenannten «Viertel» Bolligen, Ittigen, Ferrenberg und Ostermundigen geteilte Kirchgemeinde bildete ursprünglich mit Muri, Vechigen und Stettlen eines der ältesten vier Kirchspiele Berns. Jeder Viertel bildet einen eigenen Schulbezirk.» (Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz / HBLS, 1921)   

Die 4 Kirchspiele und
die 4 Landgerichte um 1500

Einwohnergemeinde Bolligen, Erinnerungsschrift, 1982

Die nächste Umgebung der Stadt, das Gebiet der vier Kirchspiele
– Muri  – Bolligen    – Stettlen   – Vechigen
gehörte zum Gericht und Banner (Aufgebot für den Heerdienst) der Stadt.


Die weitere Umgebung wurde nach der Erwerbung der Grafengewalt in vier Landgerichte eingeteilt: links der Aare entstanden die Landgerichte Seftigen und Sternenberg, rechts der Aare die Landgerichte Konolfingen und Zollikofen.
Die Verwaltung der Landgerichte oblag den vier Vennern. Diese hatten oft nicht die Zeit dazu, so war Stellvertretung notwendig. Es wurden daher Freiweibel eingesetzt. Der Venner übte im grösseren Teil seines Landgerichts die hohe Gerichtsbarkeit aus. Die niedere gehörte in der Regel noch den Twingherren. Es gab auch Gebiete, in denen hohe und niedere Gerichtsbarkeit in ihren Händen lag.

Die Gemeindeorganisation
in der Zeit zwischen 1528 –1798

Einwohnergemeinde Bolligen, Erinnerungsschrift, 1982

Pierre Aerni

Orts-, Hof- und Gebäudenamen
von Bolligen

Die Ortschaften des eidgenössischen Freistaates Bern, 1838

Pierre Aerni
Pierre Aerni
Pierre Aerni
Share by: